Sigmund
und Anna Freud – die psychosexuelle Entwicklung im Kindesalter
Der
psychische Apparat
Die
Abwehrmechanismen des ICH
Die folgenden
Abwehrmechanismen dienen dem ICH dazu, das Über-Ich abzuschirmen und
abzuwehren. Sie treten meist in Kombination auf und sollen das ICH
entlasten, da sie Triebe, Wünsche und Forderungen des ES aus dem
Bewusstsein verdrängen.
Die Mechanismen:
- Verdrängung→ Die Verhinderung des Eindringens unerwünschter Impulse ins Bewusstsein
- Verleugnung→ Die Weigerung eine unerwünschte Wirklichkeit wahrzunehmen
- Verschiebung→ Die Verlagerung von Gefühlen auf andere Objekte, die weniger
„gefährlich“ sind - Sublimierung→ Die Befriedigung unerfüllter (sexueller) Bedürfnisse durch gesellschaftlichakzeptierte Ersatzhandlungen
- Rationalisierung→ Die Rechtfertigung des eigenen Verhaltens durch eine verstandesmäßigeBegründung
- Projektion→ Die Übertragung der Missbilligung der eigenen Triebwünsche auf andere
- Reaktionsbildung→ Die Vermeidung angstbeladener Wünsche durch gegenteilige alsSchutzwall
- Regression→ Der Rückzug auf eine frühere Entwicklungsstufe
- Fantasie→ Die Befriedigung frustrierter Wünsche durch imaginäre Erfüllung in zumBeispiel Träumereien
- Identifikation→ Die Erhöhung des Selbstwertgefühls durch die Gleichsetzung mithöherrangigen Personen oder Institutionen
Die
psychosexuelle Entwicklung
Sigmund und Anna
Freud unterteilen die Kindheit in verschiedene Phasen. Während
dieser Phasen muss das Kind seine Triebwünsche bezogen auf ein
bestimmtes Körperteil ausleben und kontrollieren lernen.
Die orale
Phase (0-1 Jahre)
In dieser Phase
lebt das Kind seine Triebwünsche durch den Mund aus. Es möchte
saugen, lutschen und steckt alles in den Mund. Während dieser Zeit
werden ausschließlich Triebwünsche befriedigt. Das Kind agiert nach
dem Lustprinzip, was bedeutet, dass es die Lustquellen ausnutzt. Das
ES ist in dieser Zeit noch dominant.
Die Phase
zeichnet sich dadurch aus, dass das Kind ein positives Gefühl durch
das Stillen bekommt, weil die Mutterbrust zum „Liebesobjekt“
wird. Deswegen wird auch die Bindung an die Mutter stärker, was
später aber auch unabhängig von der Nahrungsaufnahme der Fall ist.
Das Kind lutscht zum Vergnügen und erforscht seine Umwelt mit dem
Mund.
Aufgabe dieser
Phase ist die Entwöhnung von der Mutterbrust. Das Kind lernt
alternativ den Lustgewinn durch Lutschen am Finger oder Süßigkeiten
zu erreichen.
Kann das Kind
jedoch seine Triebe zunächst nicht ausleben oder wird nicht
entwöhnt, kann das Folgen für die Entwicklung der Persönlichkeit
haben.
Das Kind könnte
Angst vor Beziehungen entwickeln und daher unfähig zu vertrauen
sein. Andererseits könnte auch das permanente Bedürfnis nach
Kontrolle entstehen oder die Frustrationstoleranz sehr niedrig sein,
was bedeutet, dass das Kind sehr schnell aufgibt.
Die Anale
Phase (2-3 Jahre)
Während dieser
Phase wird der After zum wichtigsten Körperteil für das Kind. Es
beherrscht ihn und scheidet bewusst aus. Außerdem kann es sein, dass
die Kinder versuchen mit ihrem Kot zu spielen und der Geruch bzw. das
Zurückhalten sehr interessant für sie wird.
In dieser Phase
zeigen sich die ersten Ansätze eines ICHs, weil das Kind durch das
Ausscheiden oder Zurückhalten Protest und Gehorsam ausdrücken kann.
Es lernt Verbote und Gebote wahrzunehmen.
Das Kind will
nun selbst entscheiden, wann es „muss“. Der eigene Kot wird zu
etwas wertvollem. Das Interesse an dem Kot bereitet dem Kind
Vergnügen.
Die
Entwicklungsaufgaben dieser Phase sind die Reinlichkeitserziehung und
die Entwicklung von Unabhängigkeit. Die Freude des Kindes über
Schmutz soll zu Ekel werden.
Störungen in
dieser Phase können zu einem übertriebenen Hang zu Sauberkeit und
Ordnung führen, aber auch das genaue Gegenteil auslösen. Außerdem
kann das Kind Probleme bekommen sich an Vorschriften und Strukturen
zu halten.
Die
phallische oder ödipale Phase (4-5 Jahre)
In dieser Zeit
werden die Genitalien für das Kind zur Trieb- und Lustquelle. Es
entdeckt die eigenen Geschlechtsteile und die des anderen
Geschlechts. Die Mädchen entwickeln (nach Freud) den Penisneid und
die Jungen bekommen Kastrationsängste.
In dieser Phase
bildet sich das Ich des Kindes vollständig aus und das Über-Ich
entwickelt sich ebenfalls. Es kommt daher zu einer Beruhigung des
Konflikts zwischen Ich, ES, Über-Ich und der Außenwelt, da nun das
Ich und Über-Ich ein Gegengewicht zum ES darstellen und die Triebe
mit den Ansprüchen der Außenwelt abgewägt werden können. Außerdem
setzen die Abwehrmechanismen zum Schutz des ICHs ein.
Während der
phallischen Phase beginnt das Kind seine sozialen Beziehungen zu
Gleichaltrigen auszubauen. Weiterhin wandelt sich die Beziehung zu
den Eltern. Das gleichgeschlechtliche Elternteil wird als Rivale um
die Liebe des anderen angesehen. Dieses Phänomen nennt Freud den
Ödipus-Komplex. Außerdem erforscht das Kind in dieser Phase seinen
eigenen Körper und hat dementsprechend eine große Fragelust.
Die
Entwicklungsaufgaben dieser Zeit umfassen das Ausleben und
Kontrollieren der sexuellen Neugierde und die Entwicklung von
Schamlosigkeit zu Scham. Die Kinder lernen ihre Geschlechterrollen zu
übernehmen und mit dem Wissensdrang umzugehen.
Störungen in
dieser Phase können zu der Unfähigkeit führen, Beziehungen mit
gegen geschlechtlichen Partner einzugehen oder es entwickelt sich
eine Vorliebe für ältere Partner, als Mutter oder Vaterersatz.
Außerdem können nicht überwundene Kastrationsängste auftreten.
Die
Latenzphase (6-7 Jahre)
In dieser Phase
verinnerlicht das Kind die Anforderungen, die die Umwelt an es
stellt. Die sexuelle Entwicklung scheint unterbrochen zu sein und
stattdessen suchen sich die Kinder gleichgeschlechtliche
Spielkameraden.
Entwicklungsaufgaben
sind die Abwehr und Verdrängung der sexuellen Regungen und das
Eingehen von Freundschaften.
Die genitale
Phase (8-13 Jahre)
Diese Phase
zeichnet sich durch eine motorische und innere Unruhe aus. Das Kind
beginnt mit einer verzögerten emotionalen Reifung. Die Sexualität
lebt wieder auf und ein erneuter Ödipus-Komplex folgt. Die Kinder
beginnen, sich dem andren Geschlecht zu zu wenden.
Die
Entwicklungsaufgabe dieser Phase ist das Überwinden der
vorpubertären Konflikte.
Die kritische
Würdigung
Freud setzt sich
intensiv mit den kindlichen Bedingungen und Bedürfnissen auseinander
und erkennt die kindlichen Triebbedürfnisse. Außerdem gelingt es
ihm die Bedeutung des Verdrängten in der Kindheit anzusprechen und
zu verstehen. So konnten erzieherische Einwirkungen an die
Entwicklungsbedingungen angepasst oder auch einmal ausgeschaltet
werden.
Allerdings
betont Freud in seiner Theorie die Sexualität sehr stark und seine
Hypothesen konnten nicht vollständig bewiesen werden. Problematisch
ist ebenfalls, dass er das menschliche Dasein und die Entwicklung des
Kindes sehr abhängig von Trieben macht. Das Handeln des Menschen ist
für ihn fast ausschließlich an das Kontrollieren, Unterdrücken
oder Ausleben von Triebwünschen und Lustbefriedigung geknüpft.
Die Annahme über
das menschliche Schaffen und Verhalten wird von vielen anderen
Pädagogen kritisiert und verworfen. Jedoch sind Freuds Erkenntnisse
über die kindliche Entwicklung auch heute noch von großer
Bedeutung.
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