Mittwoch, 7. Mai 2014

Kohlberg

Moralische und demokratische Erziehung im Anschluss an das Konzept von Lawrence Kohlberg

Kohlbergs Stufenmodell
Lawrence Kohlberg hat die moralische Entwicklung des Kindes in einem Stufenmodell dargestellt, welches die Erziehung in sechs Stufen und drei Ebenen unterteilt.


Die Just Community Schule

Die Ziele:
Die „Just Community“ Schule ist eine gerechte und demokratische Gemeinschaft, wie der Name schon verrät und basiert auf Kohlbergs Stufenmodell.
Der begriff „Gerechtigkeit“ orientiert sich an den Interessen aller Beteiligten.
Kohlberg entwickelte zahlreiche Dilemma-Diskussionen, weshalb der Schulleiter einer JC- Schule mit seinen Schülern auch reale Probleme des Schulalltags erörtern will. Dies ist die Begründung der „Just Community“. Sie ist ein alternatives Konzept einer Schule mit demokratischer Verfassung und umfassender moralischer Schulkultur.
Die grundsätzlichen Ziele der Community ist die Schaffung und Anwendung von gerechtfertigten Regeln und die Stimulation der moralischen Urteilskompetenz. Außerdem soll die Übereinstimmung zwischen moralischem Urteil und moralischem Handeln aufrechterhalten werden. Deswegen wird die moralische Empathie trainiert und das prosoziale Engagement gefördert. Die Schüler sollen eine solides Wertesystem entwickeln, welches auf Toleranz und Offenheit basiert.

Die Realisierung:
Der Kernpunkt der JC-Schule ist die Gemeinschaftsversammlung oder Vollversammlung aller Schulangehörigen. Die Themen dieser Sitzungen sind die Fragen des des Schullebens im Hinblick auf die Themengebiete, bei denen Entscheidungen zu treffen sind. Dabei gilt das Prinzip, dass ein Mensch eine Stimme hat, somit herrscht Gleichberechtigung. Das bedeutet, dass allen Beteiligten Mitentscheidungs- und Selbstbestimmungskompetenzen eingeräumt werden. Für jede Sitzung muss ein Zeitraster gefunden werden. Die Sitzung ist aber keine Freizeitveranstaltung, sondern findet in der Unterrichtszeit statt. Eine gewählte Vorbereitungsgruppe plant und leitet die Sitzung.
Des Weiteren gibt es einen Fairness- und Vermittlungsausschuss, der Konflikte zwischen Personen schlichtet und nach einem Kompromiss sucht. Dieser Ausschuss ist dafür verantwortlich, dass die Beschlüsse der Verhandlungen nicht vergessen werden, wenn diese noch nicht ausgeführt werden können oder weitere Behandlungen erfordern.
Um die Gemeinschaftssitzungen vorzubereiten werden Dilemma-Diskussionen geführt. Diese brauchen Zeit und sollten möglichst echte Dilemma, moralische Probleme, Antworten und Fragen berücksichtigen. Die Diskussionen werden durch spezielle Kurse oder in Schulfächer in der Schulalltag integriert.
Die Einrichtung einer JC-Schule braucht eine besondere Begleitung bzw. Fortbildung des Lehrerkollegiums. Die Lehrer müssen das Modell kennen, verstehen und mittragen, da die Entwicklung eines demokratischen Schullebens und einer moralischen Schulkultur Anforderungen an die Lehrkräfte stellt. Sie müssen ihre Rolle neu definieren und ertragen, dass auch ihr eigenes moralisches Ich in Frage gestellt wird.

Rahmenbedingungen für eine demokratische Schulkultur:

Kompetenzen:
Für eine gelingende Entwicklung von Moral und demokratischer Orientierung müssen die Schüler kommunikative, soziale, demokratische und Medienkompetenzen ausbilden.
Die Lehrkräfte sollen den Dialog mit den Schülern suchen und Teile ihrer Kontrolle abgeben. Ihre Aufgabe ist es mit Verständnis auf die Kinder zu reagieren und sich auf sie einzulassen. Außerdem sollen sie kindgerechte Methodennutzen und von Unterschieden zwischen den Kindern ausgehen.
Die Schüler wiederum müssen die Kompetenzen erlernen. Dies soll durch ein entdeckendes, selbstverantwortliches, forschendes und offenes Lernen geschehen.

Elemente einer demokratischen Schulgemeinschaft


Das Modell stößt bei Schulen mit über 250 Personen an seine Grenzen, was bedeuten, dass die Mitkommunikation aller nicht mehr gewährleistet ist. Als Lösung kann eine Tei-“Just-Community“ dienen, bei denen die halbe Schule, einzelne Jahrgänge der mehrere Jahrgänge Versammlungen haben.

Verantwortungsübernahme
Das bedeutet Rechenschaft über die Folgen der eigenen Handlung abzulegen, was die Voraussetzung für moralisches und soziales Handeln ist. Zunächst erlernen die Schüler eine fundamentale Sozialkompetenz, die die elementare Ressource der Demokratie darstellt. Die Schule muss Gelegenheit bieten, Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen, was Kinder durch Ämter in ihrer Schule oder im Alltag machen. Dies soll durch die starke Engagementkultur einer JC-Schule gefördert werden, die zum Beispiel „Service-Learning-Projekte“ anbietet. Diese beruhen auf außerschulischen sozialen Projekten und bauen dadurch eine Brücke zwischen Schule und Gesellschaft, wodurch die sozialen, moralischen und demokratischen Kompetenzen gestärkt werden.
Durch die Übernahme von Verantwortung wird die Kommunikations- und Kritikfähigkeit der Kinder verstärkt und die Fähigkeit Interessengegensätze auszugleichen gefördert. Weiterhin lernen sie Konflikte zu moderieren und zu lösen.
Für die Schüler heißt Verantwortungsübernahme das Kennenlernen von neuen Rollen und Perspektiven, sowie das Erlernen von umsichtigem Handeln. Für Pädagogen bedeutet es, Verantwortung vertrauensvoll zu delegieren und für die Lernbegleiter, den Schülern zur Selbstwirksamkeits Erfahrung zu verhelfen.

Schulklima und Schulkultur
Die Schulkultur bedeutet, dass Schule eine Lebensumfeld ist, was von den Lehrern und Schülern untereinander und mit der Zusammenarbeit von Eltern und Partnern gestaltet wird.
Die grundlegenden psychologischen Bedürfnisse eines Menschen sind:
  • Wertschätzung und Zusammengehörigkeit
  • Autonomie und Selbstbestimmung
  • Kompetenz und das Gefühl vorankommen zu können
  • emotionale und körperliche Sicherheit
Menschen binden sich an Institutionen und Menschen, die diese Bedürfnisse befriedigen.
Eine befriedigende Schule ist demnach eine, bei der:
  1. alle Beziehungen zwischen den Mitgliedern wertschätzend und unterstützend sind
  2. Ziele und Ideale gemeinsam entwickelt werden
  3. sich alle an der Umsetzung von Zielen und Strategien aktiv beteiligen
  4. die Möglichkeit zur regelmäßigen Hilfe und Zusammenarbeit besteht
  5. alle die Möglichkeit haben eigenständig und beeinflussend zu handeln
  6. die ganze Schule Anteil nimmt
Eine befriedigende Schule hat also eine hohe soziale und emotionale Kompetenz und leistungsbereite und aufopfernde Schüler. Dadurch gibt es weniger problematisches Verhalten und einen starken Gemeinschaftssinn.
Die sechs Hauptdimensionen des Schulklimas sind:
  1. individuelle Merkmale der Lehrer und des Lehrerverhaltens sowie des Unterrichts
    (Geschlecht, Alter, Erfahrung, Engagement, etc.)
  2. individuelle Merkmale der Schüler und der Schülerschaft
  3. Merkmale der Schule als Institution
    (Lage, Größe, Leitungsstil, etc.)
  4. Merkmale der Interaktion und des Verhältnisses zwischen den Schülern und den Lehrern
    (Disziplin, Vertrautheit, etc.)
  5. Merkmale der Interaktion und des Verhältnisses zwischen den Schülern untereinander
    (Konkurrenz, Disziplin, etc.)
  6. Merkmale der Interaktion und des Verhältnisses zwischen den Lehrern untereinander
    (Respekt, Kooperation, etc.)

Kritische Würdigung
Das Modell von Kohlberg ist beinahe allgemeingültig. Es gibt keine inhaltliche Vorgabe von moralisch richtig und falsch. Die „Moralität“ wird stufenweise erlernt und zeigt Aufgaben für pädagogisches Handeln.
Es berücksichtigt jedoch nicht, dass moralisches Handeln nicht nur monologisch und kognitivistisch orientiert ist, sondern auch von Motivationen, Emotionen und sozialen Einstellungen beeinflusst wird. Weiterhin unterschätzt Kohlberg die moralischen Fähigkeiten der Kinder massiv. Die Grundansätze für moralisches Denken und Handeln sind von vornherein da. Außerdem kann auch nicht grundsätzlich angenommen werden, dass Kinder sich in den ersten Lebensjahren ihren Eltern aus Angst vor Strafe unterwerfen, die Eltern sind lediglich „legitime Autoritäten“. Auch bedeutet ein niedriges Bildungsniveau nicht, dass Menschen weniger moralisch handeln. Es muss außerdem angezweifelt werden, ob sich Moralität tatsächlich linear und stufenweise entwickelt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kohlbergs Modell wichtige Möglichkeiten zur Orientierung bietet. Er erklärt jedoch nicht hinreichend, welche Voraussetzungen oder Möglichkeiten für die moralische Entwicklung des Menschen wichtig und notwendig sind. Auch kann sein Modell die Komplexität der Prozesse und die zahlreichen Einflüsse nicht erfassen.

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