Donnerstag, 8. Mai 2014

Stierlin

Möglichkeiten der Grenzen der pädagogischen Förderung von Entwicklungsprozessen aus systemischer Sicht

Grundannahmen systemischer Therapie
Die systemische Therapie betrachtet die Wechselbeziehungen zwischen Menschen. Deren individuelle Eigenschaften „verflüssigen“ sich zu Elementen eines dynamischen Geschehens. Durch ihre Verhaltensweisen tragen die Mitglieder eines Systems zur Organisation bei. Diese und deren Folgen werden durch textgebundene Etikettierungen und Zuschreibungen ausgedrückt.
Es eröffnen sich außerdem immer wieder neue Zusammenhänge. Der Versuch zu beschreiben, wie sich Verhaltensweisen gegenseitig bedingen nennt sich „Gestaltkreis“. Dieser Kreisprozess, in dem die Kette der Ursachen und Folgen in sich zurück läuft, wird in Bezug auf das Gestalt-Sein des Vorgangs gesetzt.
Die Selbstreferenz dabei beschreibt, dass Annahmen und Verhaltensweisen auf sich selbst zurück wirken. Deswegen sind einseitige Schuldzuweisungen ausgeschlossen.
Weiterhin ist menschliches Verhalten Regeln unterworfen. Die Einbeziehungen in den Kontakt geben dem Verhalten einen Sinn.
Des Weiteren gestaltet jeder Mensch seine Situationen selbst mit und ist nicht Opfer der Umstände.
Durch die Anwesenheit anderer Mitglieder in einem System werden die Handlungsspielräume eingeschränkt. Außerdem können Problemlösungsversuche das Problem auch aufrecht erhalten.
Systeme sind jedoch geordnete Ganzheiten. Die systemische Therapie setzt sich damit auseinander, welche Systeme Probleme haben und welche Personen im System mit den Problemen zu tun haben.

Jugendkrisen systemisch betrachtet
  • Verbundenheit der Elemente, Holismus
    Systeme sind Ganzheiten, deswegen führt die Veränderung des Einzelnen auch zu einer Änderung des gesamten Systems
  • Zielorientierung und Prozess
    Prozesse finden dauerhaft statt. Dabei beschreibt die progressive Segregation den Schritt in Richtung Desintegration. Die progressive Systemintegration hingegen stellt den Schritt in die Richtung der Ganzheit dar
  • Regulierung
    Ein System hat auch selbstregulierende Prozesse. Die morphostatischen Kräfte sorgen für die Erhaltung des Gleichgewichts und die morphogenetischen Kräfte zeigen, dass durch Regeländerung Entwicklungen und Anpassungen folgen
  • Homöostase
    Dieser begriff beschreibt ein Gleichgewicht, was jedoch nur ein kurzfristiger Zustand ist. In Systemen gibt es ein harmonisches Wechselspiel zwischen Gleichgewicht und Ungleichgewicht. Jeder Konflikt stellt dabei eine Chance dar.
  • Kalibrierung und Stufenfunktion
    Systeme entwickeln sich in Sprüngen. Es gibt inter- und außerfamiliäre Entwicklungen, die jeweils Herausforderungen mit sich bringen
  • Hierarchie
    Systeme sind in Subsysteme zerlegbar, die als einzelne Systeme betrachtet werden müssen.
  • Regeln
    Regeln sind die Wege, mit denen ein System die Balance hält. Man unterscheidet offen/explizite und verdeckte/implizite (unbewusste) Regeln. Innerhalb eines Systems müssen sich die Mitglieder die impliziten Regeln bewusst machen

Helm Stierlin

Zwei Prozesse/Kräfte in Familien

Nach der Theorie von Helm Stierlin gibt es zwei verschiedene Prozesse oder Kräfte in Familien. Diese nennt er zentripetal und zentrifugal.
Die zentripetale Kraft bedeutet die Verstrickung, Bindung, Verwöhnung und Verschmelzung eines Systems. Dabei kann sogar Individuation als „Verrat“ angesehen werden. Dies kann eher psychosomatische Störungen auslösen, wie zum Beispiel Magersucht als „Lösungsversuch“.
Der zentrifugale Prozess beschreibt die Ausstoßung, Vernachlässigung und Isolation, die in einem System herrschen kann. Eine Konsequenz davon kann sein, dass die Mitglieder die Familie frühzeitig verlassen. Durch derartige Kräfte entstehen eher psychosoziale Störungen, wie zum Beispiel die Jugendkriminalität. In diesem Fall wird Dissozialität als „Lösungsversuch“ benutzt.

Bezogene Individuation“
Dieser Begriff beschreibt die Selbstständigkeit und doch auch Zugehörigkeit in „gesunden“ Familien. Die Kennzeichen dafür sind:
  • die durchlässigen Grenzen der Familie nach außen
  • die klaren und flexiblen Grenzen innerhalb der Familie,
    die je nach Alter verhandelbar sind
  • die Offenheit für Neues und neue Familienmitglieder

Individuation und Delegation
Die Jugendlichen stehen zwischen Individuation, was die Ablösung vom Elternhaus beschreibt, und Delegation (die Erfüllung elterlicher Wünsche und Aufträge: Loyalität bis zur Selbstaufgabe).
Die Individuation ist in verstrickten, rigiden und konfliktvermeidenden Familien nur sehr schwer möglich. Sie wird als „Verrat“ oder Illoyalität nach dem Motto: „Du enttäuscht uns“ gesehen. Ein Ausweg kann für den Jugendlichen zum Beispiel die Magersucht sein. So entsteht die Individuation durch die Selbstaufgabe statt durch offenen Protest.
In ausstoßenden Familien dagegen gibt es zu wenig Bindung, dass bedeutet, dass die Jugendlichen unter Haltlosigkeit und Delinquenz leiden. Sie suchen eventuelle alternativ Halt und Zugehörigkeit in Cliquen.

Verstrickte/verstrickende, symbiotische Familie
In solchen Familien werden die Mitglieder verwöhnt, indem sie eine zu reiche Bedürfnisbefriedigung erfahren. Außerdem werden bindend wirkende Zuschreibungen bestimmter Eigenschaften, wie Schwäche, Bosheit und Verrücktheit gemacht.
In den Familien gibt es keine klaren Generationsgrenzen, aber eine starre Abgrenzung nach au0ßen („Wir lassen keinen rein!“). Es gibt überwiegend Einstellungen, wie: „Wir sind immer alle füreinander da – Keiner macht was für sich allein – Alle wissen immer alles voneinander – Es gibt keine Geheimnisse, auch keine geschlossenen Türen“. In den Familien steht die Meinung, dass jeder für das Wohl der anderen verantwortlich ist, sich keiner alleine fühlen darf und es keinen Egoismus geben darf, vor. Es herrscht eine generelle „Auf die Welt draußen kann man sich nicht verlassen“- Moralität.
Demnach fusioniert eine verstrickte/verstrickende oder symbiotische Familie sehr stark.

Ausstoßende, vernachlässigende oder losgelöste Familie (Überindividuation)
In diesen Familien werden die einzelnen Mitglieder vernachlässigt. Dies geschieht durch mangelnde Bedürfnisbefriedigung oder völliges Desinteresse an Gedanken, Gefühlen und Wahrnehmungen der anderen.
Jedes Familienmitglied hat ein eigenes Zimmer und eventuelle sogar getrennte Kassen. Außerdem unterscheiden sich die Freunde und Interessen sehr stark, weshalb es keine oder kaum Überschneidungen gibt. Generell kümmern sich die Familienmitglieder wenig umeinander. Jeder muss selbst sehen, wie er zurecht kommt. Außerdem grenzen sich die Familienmitglieder auch offen voneinander ab („Das ist ja wohl meine Sache!“ / „Das geht dich gar nichts an!“ / „Mach, was du willst, du bist alt genug!“ / „Ich hab keine Zeit oder Lust für so etwas!“)
Dementsprechend ist eine ausstoßende/vernachlässigende oder losgelöste Familie zu stark isoliert.

Ambivalente Familie
In einer ambivalenten Familie gibt es häufig „Double-bind“-Aufträge. Das bedeutet, dass die Eltern widersprüchliche Aufträge geben, was zu Verwirrung führt.

NS-Erziehung

Erziehung im Nationalsozialismus als Beispiel für die Interdependenzen von Erziehung, Gesellschaft und Politik

Hitlers Erziehungsgrundsätze
Die erste Aufgabe des Staates zum Wohl des Volkes (nach Adolf Hitler) war das Erhalten, die Pflege und die Entwicklung der besten rassischen Elemente. Dies bezieht sich aber nicht nur auf die Geburt, sondern geht auch darüber hinaus, um die spätere Weitervermehrung zu gewährleisten.
Für Hitler war die rassische Qualität des Menschen Voraussetzung für seine geistige Leistungsfähigkeit. Durch die Erziehung sollte die körperliche Gesundheit gefördert werden, da zu einem gesunden und kraftvollen Geist nur ein gesunder und kraftvoller Körper gehören konnte. Der Erziehungsstil im Sinne Hitlers war demnach darauf ausgelegt kerngesunde Körper heranzuzüchten.
Um dieses Ziel zu erreichen, wurden die Bestandteile der Erziehung verschieden gewichtet. An erster Stelle stand die körperliche Ertüchtigung. Dann folgte die Ausbildung der geistigen Fähigkeiten, was die Ausbildung des Charakters als wichtigsten Punkt berücksichtigte. Es wurden vor allem die Willens- und Entschlusskraft sowie die Freude an Verantwortung gefördert. Der dritte Bestandteil der Erziehung bildeten dann die wissenschaftlichen Schulordnungen.
Die Erziehung durch den Staat umfasste überwiegend die körperliche Ertüchtigung, weil diese als eine Forderung der Selbsterhaltung durch den Staat galt. Auch bekam die Regierung mehr Einfluss auf den Schulstoff, um die Schüler mit Fragen zur Erhaltung des Volkes an das System zu binden. Die Erziehung sollte vor allem zweckentsprechend sein. Sie sollte die „notwendige Stählung“ für das spätere Leben darstellen und dafür sorgen, dass die Menschen keine „Stubenhocker“ würden, da das Hitlers Ideologie nicht folgte.
Das Volk wurde so eine Waffe. Hitler war der Meinung, dass das deutsche Volk zuvor erniedrigt wurde und deswegen Kraft durch Selbstvertrauen aufbauen musste. Das sollte schon im Kindesalter anerzogen werden. Das Ziel der Erziehung war dabei, dass die Kinder zu der Überzeugung gelangten, dass sie gegenüber anderen überlegen waren. Durch die körperliche Kraft und Gewandtheit sollte der Glaube an die „Unbesiegbarkeit des gesamten Volktums“ gefördert werden.
Jedoch umfasste die Erziehung durch den Staat nicht nur die Zeit in der Schule, sondern auch die geistige und körperliche Ausbildung nach dem Unterricht war von den Ideen Hitlers geprägt. Diese Aktivitäten wurden ebenfalls in staatlichen Einrichtungen durchgeführt. Die Jungen wurden dort auf das Leben als Soldat vorbereitet und die Mädchen wurden in ihren seelischen und geistigen Werten gefördert, um sie so auf ihr Leben als Mutter vorzubereiten.
Die geistige Ausbildung der Kinder berücksichtigte Fehler in der frühen Erziehung. Das Volk sollte durch berühmte Namen zusammengebracht werden und so gemeinsam an das „deutsche Heldentum“ glauben. Hitler hatte Ziele für den Unterricht, die bisher nie erreicht wurden. Er wollte den Nationalstolz der Kinder durch Vorbilder entflammen lassen. Dieser Zustand würde dann vom Krieg geprüft werden. Wenn ein Volk keinen Nationalstolz hat, wird es im Krieg auch unterliegen.
Hat ein Volk aber einen großen Nationalstolz, dann kann es auch als Schutz des Staates dienen. Die beste Verteidigung eines Landes waren für Hitler Männer und Frauen, die eine sehr hohe Vaterlandsliebe und eine fanatische Nationalbegeisterung hatten.
Die wissenschaftlichen Schulungen der Kinder sollten ihren Stolz auf ihre Persönlichkeit und das Gefühl der Angehörigkeit zu ihrem deutschen Heldentum fördern. Die größten Namen der deutschen Geschichte sollten die Säulen eines unerschütterlichen Nationalgefühls werden.
Das höchste Ziel der Schulbildung war schließlich die Verinnerlichung des Rassismus und des Rassengefühls. Das Lernergebnis der Schulbildung sollte also sein, dass die Kinder die „Notwendigkeit der Blutreinheit“ erkennen. Dies war eine gelungene Voraussetzung für die rassenmäßigen Grundlagen des Volkes. Für Hitler waren so die Bedingungen für die spätere kulturelle Weiterentwicklung gesichert.

Neuordnung des Schulwesens (29.01.1938)
In Laufe seiner Reformen in Politik, Gesellschaft und Bildung strukturierte Hitler auch das Schulwesen neu. Er setze folgende Änderungen um:
  1. Die Schulzeit wurde auf acht Jahre verkürzt,
    dabei sollte aber das gleiche Bildungsniveau gehalten werden, wie zuvor
  2. Es wurden separate Schulen für Jungen und Mädchen eingeführt
    eine neue hauswirtschaftliche Form der Oberschule entstand für die
    Mädchen, um sie auf die Herausforderungen des Lebens an die deutsche
    Frau in Familie, Beruf und Volksgemeinschaft, vorzubereiten
  3. Die Abschaffung des Religionsunterrichtes
    es sollten keine Inhalte vermittelt werden, die Hitlers Einheit der Erziehung
    gefährden könnte
Grundsätzlich galt Schule als ein Teil der nationalsozialistischen Erziehungsordnung. Ihre Aufgabe war es einen idealen Menschen im Sinne des Staates zu formen, was in der Kooperation mit verschiedenen Institutionen geschah.
Durch politisches Handeln wurde eine neue Ordnung gestiftet, wenn diese eine überzeugende Kraft hat, entsteht wiederum eine neue Erziehung.
Adolf Hitlers Staat war ein Erziehungsstaat. Der Staat wurde aus der Kraft seines Volkes geschöpft und zu einem einzigen politischen Willen vereint. So sollte eine alles durchdringende Weltanschauung etabliert werden, die die Möglichkeit der Erziehung war.
Die nationalsozialistische Erziehung sollte den wirklichen und durch sein geschichtliches Schicksal geprägten Deutschen erziehen. Die Erziehungsordnung entstand aus der Gemeinschaft des wirklichen Kampfes anstelle einer humanistischen Bildungsideologie. Die echte Bildung sollte aus dem Geiste dieser politischen Zucht entstehen. Die zentrale Aufgabe der Schulen war es daher, die Begeisterungs- und Einsatzfähigkeit für alle zu etablieren.
Nach Hitler waren andere Erziehung abstrakt und volksfremd, da sie nur den Verstand ansprechen und nicht auf den Menschen in seiner Wirklichkeit ansprechen.
Das höchste Ziel der Schule müsste daher sein, durch den Unterricht zu erziehen. Dabei soll eine Zucht des Geistes, die Entwicklung des Verstandes und die Vermittlung lebendiger Bildungsstoffe den Menschen ergreifen und zur Reifung seines Charakters beitragen.
Der Wert der Schule wiederum liegt im Wert der Lehrkräfte. Die Erneuerung der Schule ist lange und harte Arbeit. Dennoch geben die neuen Richtlinien letzten Endes nur Möglichkeiten an. Der Erfolg ist abhängig davon, dass der nationalsozialistische Lehrer an das System glaubt und sich voll und ganz dafür einsetzt.
Die Schule kann dann als „Seele der Jugend“ gesehen werden. Die Voraussetzung dafür ist jedoch, dass sie durch die Menschen getragen wird, die hinter ihr stehen. Diese müssen ihre Ämter vertrauensvoll ausführen und ihre Aufgaben erfüllen. Die nationalsozialistische Weltanschauung ist aber nicht direkt Unterrichtsgegenstand, sondern bildet das Fundament der Schule und fließt deswegen überall indirekt ein. Der Unterricht bietet Möglichkeiten für Querverbindungen und Konzentrationen. Der Stundenplan und die Schwierigkeiten im Lernplan werden aufgelöst und stattdessen wird eine neue Weltanschauung etabliert, die neue Erziehungsverfahren und eine neues Ausleseprinzip für das Bildungsgut darstellt.


Ernst Krieck: Der Erziehungsstaat

Krieck verfolgte ebenfalls die Idee eines Erziehungsstaats. Er wollte den völkischen Organismus erneuern. Seiner Meinung nach durfte Erziehung nicht nur einen hohen Stellenwert haben, sondern muss das Fundament der Gesellschaft bilden.
Das gesellschaftliche Leben sollte selbst erzieherisch sein und zwar in einem gewünschten Sinne. Der Ausgangspunkt dafür war die „funktionale“ Erziehung. Krieck hatte die Hoffnung auf die Gestaltung des Lebens nach pädagogischen Gesichtspunkten.

Die Erziehung sollte durch das Leben in der Gemeinschaft geschehen. Ein zerrüttetes Volk kann seinen Nachwuchs nicht ausreichend erziehen, deswegen war das Ziel des Erziehungsstaats die pädagogisierte Staatsordnung. Krieck Sichtweise auf die genaue Ausgestaltung des Erziehungsstaats ändert sich jedoch durch den Nationalsozialismus. Er wandelt die Ausrichtung von autonom zu völkisch-realistisch.
Der Erziehungsstaat organisiert die Arbeit, Freizeit und die Massenkommunikation. Sozialistisches Verhalten soll auch in der Öffentlichkeit gezeigt werden, ist dies nicht der Fall kommt es zu einer Belehrung durch die Sicherheitsorgane des Staatssystems.
Das Lebensgefühl der Menschen hat äußerlich keine gravierenden Widersprüche, da es das Harmoniebedürfnis der Menschen erfüllt. Die Kehrseite ist jedoch, dass durch Verbote, Repressionen und Ausgrenzung von Menschen auch autoritäre Tendenzen vorhanden sind.
Kriecks Idee des Erziehungsstaats war die pädagogisch-politische Kritik gesellschaftlicher Erscheinungen. Der Erziehungsstaat beruft sich auf anerkannte Werte und scheint selbst- und Interessenlos zu sein. Stattdessen gibt es ein moralisch verstandenes Gemeinwohl. Die Voraussetzung dafür, dass dies funktioniert ist, dass die Bildungsbürger durch selbstlose Herrscher zur Revolution kommen.
Der Traum vom Erziehungsstaat beinhaltet, dass an alle Kinder die gleichen normativen Erwartungen gestellt werden. Die Maxime des Lehrers müssen mit der der Medien übereinstimmen. Diese Vorstellung ist jedoch in der modernen Welt lediglich Fiktion oder müsste mit Gewalt durchgesetzt werden. Der Erziehungsstaat ist deswegen eher illusionäre Gesellschaftskritik.

Die Faszination der bewegten Masse: Krieck und die Idee des NS
Krieck nutzte die Faszination der großen Massenbewegungen für die Zwecke des Nationalsozialismus'. Durch gemeinsamen Jubel und Ergriffenheit wird dem Volk eine Gemeinschaftsgefühl und das Erleben der Vitalität für die Zukunft vermittelt. Die Volksgemeinschaft wird so zur sinnlichen Erfahrung.
Krieck hat mit seiner Idee ebenfalls die Politik des Nationalsozialismus' beeinflusst. Die Parteiorgane sollten als Erziehungsgemeinschaften fungieren und sich sowohl selbst erziehen als auch Träger der Erziehung anderer sein. Des Weiteren legitimierte Krieck die Schulungs- und Lagerarbeit, welche das Fundament für die Rechtfertigungen der nationalsozialistischen Handlungen wurde. Krieck unterschied außerdem nicht zwischen Sozialisation und Erziehung. Dieser Unterschied ist aber notwendig. Die Ziele und Vorgehensweisen der Nationalsozialisten konnten legitimiert werden, weil sie den positiv konnotierten Begriff „Erziehung“ dafür nutzen konnten.

Grenzen der Gemeinschaft
Die soziale Funktion aller Erziehung ist die Sozialisation. Dies beinhaltet die Wirkungen und Einflüsse auf die Persönlichkeit. Bei Krieck kommt es zu einer Trennung von Gemeinschaften und anderen sozialen Zusammenhalten. Man muss außerdem berücksichtigen, dass Individualität nicht erzieherisch planbar sein kann. Kriecks „Selbsterziehung“ bedeutet lediglich die Auseinandersetzung des Menschen mit seiner Umwelt. Kriecks Beweggrund für sein Handeln und den Erziehungsstaat war die völkische Weltanschauung. Er zog allerdings die falschen Schlüsse aus seinen pädagogischen Erkenntnissen.

Fazit
krieck entdeckte die Bedeutung der sozialen Gemeinschaft für die Erziehung. Allerdings konnte der zu seiner Zeit nicht die richtigen Schlüsse aus diesem Fortschritt ziehen.
Die herausragenden Kriterien der heutigen Gesellschaft sind:
  • die Trennung von Privatsphäre und Öffentlichkeit
  • die differenzierte gesellschaftliche Arbeitstrennung
  • die Individualisierung des Menschen zum Rechtssubjekt
    (wobei konkrete soziale Kontexte ignoriert werden)
  • der „Siegeszug der Prinzipien des Marktes“
Die Folge dieser gesellschaftlichen Strukturierung ist die Emanzipation des Menschen. Es wird sich immer weiter von den Erziehungsgemeinschaften wegbewegt, die Krieck ursprünglich angestrebt hat. Das Problem, dessen Krieck sich nicht bewusst war, ist, dass solche Prozesse notwendig und unausweichlich sind, da wir in einer Industriegesellschaft leben. 

Baldur von Schirach - „Gebrauchspädagogik“

Der populistische Hintergrund
Die Hitler-Jugend (HJ) stellte die Verkörperung des „richtigen Volksempfindens“ dar. Sie diente als sinnvolle Beschäftigung der Jugend in der Obhut der HJ und dem Bund deutscher Mädel (BDM). So konnten die Kinder und Jugendlichen nicht auf Abwege geraten durch die Verführungen der Straße und durch die körperliche Ertüchtigung und nützliche Dienste für das Volk trugen sie gleichzeitig zur Etablierung des gesellschaftlichen Systems nach Hitlers Ideologie bei. Damit es keine Einsprüche gegen die HJ und den BDM gab, wurde versucht, die Eltern für sich einzunehmen.

Pädagogische Leitmotive
Die Stichworte der „Gebrauchspädagogik“ von Schirach sind: Erlebnis, Vorbild, Kameradschaft, Ehre und Dienst. Das Ziel war es eine neue Ausarbeitung des gesellschaftlichen Lebens und des Bewusstseins dafür zu gestalten. Dies sollte, ausgehend von der HJ, die gesamte Gesellschaft umfassen. Das Individuum ist eine Mitglied der Gemeinschaft und soll deswegen auch seine Identität durch die Gemeinschaft bilden.
Diese Denkweise bildet einen Gegensatz zur „gemeinschaftsgebundenen Individualisierung“, bei der es beliebig viele Freizeitangebote gibt.

Gemeinschaft erleben – ERLEBNIS
Nach Schirach muss Gemeinschaft erlebt und nicht erlernt werden. Dies ist jedoch nicht auf die Schule ausgerichtet, sondern auf die außerschulischen Aktivitäten und das Jugendleben. Dort sollen die emotionalen und ästhetischen Dimensionen des Menschen angesprochen werden und jedes Individuum als Ganzes gesehen werden. Das Ziel dieser Vorgehensweise ist es, Gefühle wie Ehrfurcht, nationale Zugehörigkeit, Freude und Trauer auszudrücken.
Die Erlebnisorientierung steht daher im Gegensatz zur rationalen Aufklärung. Die Kinder sollen nach Schirach gemeinsame emotionale Erfahrungen der sozialen Zugehörigkeit machen.
Dies ist durch konkrete Situationen und nicht durch Mundpropaganda möglich. Diese Situationen müssen hergestellt und arrangiert werden. Rituale bekommen zunehmend mehr Bedeutung. Durch Aufmärsche, Lageratmosphäre, Uniformierung mit Rängen, Fahnenkult, und Singen wird Gemeinschaft erlebt. Diese Erfahrungen gelten für jeden Einzelnen, aber gleichzeitig auch im Kollektiv. Schirach nennt die die „Du bist nichts, dein Volk ist alles“-Erfahrung.

Führer einer Gemeinschaft – VORBILD
In der HJ und im BDM waren die Führer der Institutionen und Gruppen Vorbilder. Sie sollten das optimale Verhalten repräsentieren. Der Führer war derjenige, der dem „Geist“ der Gemeinschaft am ehesten entsprach. So hat das Volk positive Erwartungen an sich selbst und das richtige (gewünschte) Verhalten wird vorgelebt.
Die Vorbilder für die Kinder sind notwendig für die Orientierung für Lebensperspektive und Identitätsbildung. Eigentlich fungieren immer erwachsene als Vorbilder, damit eine nötige Differenz besteht. Bei der HJ verkörpern jedoch die Gleichaltrigen die Vorbilder. Das ist neu, da sich Gleichaltrige sonst als gleichrangig ansehen. Dieses Prinzip verkörpert aber die Idee des Jugendstaates, es muss aber befürchtet werden, dass die Kinder so massiv überfordert werden. Deswegen waren Gleichaltrigen zunächst nur im Bezug auf das Jugendleben in Vorbildpositionen. Das Prinzip galt noch nicht für die Vorbereitung auf die späteren Rollen.

Die Beziehungen in der HJ – KAMERADSCHAFT
Untereinander hatten die Kinder in der HJ eine kameradschaftliche Beziehung, die auch die Gleichrangigkeit ausdrückt. Kameradschaft und Dienst waren aber nicht-private und öffentliche Verhaltensnormen, die jedem Mitglied zustanden und nicht auf persönlichen Vorlieben beruhten.
Dieses Prinzip galt für die zehn bis 18-jährigen und stellte einen Gegensatz zur Freundeskreis und der Cliquen-Gruppe dar.
Aus der Kameradschaft und Gemeinschaft wurden nur diejenigen ausgegrenzt, die von den Erwachsenen als „Feinde“ benannt wurden. Was im Nationalsozialismus zum Beispiel auf die Juden und Kommunisten zutrifft.
Die Voraussetzung für diese Vorstellung war das Bewusstsein für Ehre. Ehre kann dabei ein einzelner haben, aber auch eine ganze Gruppe. Diese Ehre kann wiederum durch falsches Verhalten verloren gehen.

Das Leitmotiv EHRE
Die Voraussetzung für eine Gemeinschaft ist das Leitbild der Integrität und eine Vorstellung der Vollkommenheit, an der sich jedes Mitglied der Gesellschaft misst.
Das Vorbild ist der perfekte Repräsentant des Leitmotivs, dies funktioniert jedoch nur innerhalb einer Gruppe. Ein Individuum für sich allein hat keine Ehre, in einer Gruppe aber schon.
Die Erziehung der HJ ist funktional und keine rationale Belehrung. Durch Erlebnis-Situationen wird eine bestimmte Wirkung erhofft und so eine Stabilisierung der sozialen Gemeinschaft bewirkt. Dies ist keine pädagogische Theorie, sondern intuitiv und emotional fundierte Überzeugung.

Die Funktion der HJ – DIENST
Gemeinschaften brauchen eine Funktion und eine Tätigkeit für eine bestimmte Aufgabe. Deswegen bekamen die Jugendlichen in der HJ Aufgaben, die nützlich für alle waren.
Das Jugendleben war organisiert und der Dienst verkörperte die Lebensertüchtigung, was eine Vorbereitung auf die späteren Aufgaben für Volk und Staat war. Die nützlichen Dienste an der Allgemeinheit waren zum Beispiel Sammelaktionen.
Durch diese Aufgaben bekamen die Jugendlichen einen sozialen Status. Die HJ bot demnach eine Kombination von Schonraum und allgemeiner Pflichterfüllung. Die Gebrauchspädagogik sieht die Jugendbewegung zunächst als Lebensform und nicht als pädagogisierte Veranstaltung. Sie hat funktionalen Charakter und im Vordergrund steht die Herstellung einer bestimmten Lebens- und Erlebnis-Situation.

Du hast die Pflicht gesund zu sein!“ - Die 10 Gesundheitsgebote
  1. Der Körper gehört der Nation
    man schuldet ihn ihr
    deswegen trägt jeder Verantwortung für seinen Körper
  2. Sauberkeit und Pflege für den Körper
  3. Zahnpflege
  4. gesunde Ernährung (rohes Obst und Gemüse)
  5. Säfte trinken und keinen Kaffee
  6. Alkohol und Nikotin sind Gifte
  7. Sport treiben
  8. mindestens 9 Stunden schlafen
  9. Erste-Hilfe-Ausbildung
    Lebensretter
  10. Du hast die Pflicht gesund zu sein!“
Auch die Gesundheitsreform lief nach dem Prinzip, dass Vorbilder das beste Erziehungsmittel darstellen. Alle Menschen, die im Gesundheitswesen arbeiteten, wurden gezwungen mit dem Rauchen aufzuhören.
Das Gesundheitsprogramm hatte eine ideologische Komponente. Die Vorgabe durch Hitler war, dass körperliche Ertüchtigung Vorrang hatte, um das Volk zu stärken. Die praktische Komponente dieses Programmes war, dass die NS eine gesundheitliche Bestandsaufnahme der Deutschen anstrebte. Das Ziel dabei war, die zu erfassen, die nicht der Idee der Rassenreinheit oder der Erbgesundheit entsprachen und diese aus der Gesellschaft ausgrenzen zu können. Diese Konsequenz war nicht in Schirachs Sinn, dennoch war Ausgrenzung auch ein Teil seines Konzepts.
Der Grund für die Ausgrenzung bei Schirach kann nicht eindeutig verstanden werden, da es auch möglich gewesen wäre zum Beispiel Angebote für Menschen mit Behinderung zu gestalten. Bei der HJ und dem BDM war jedoch körperliche Fitness Voraussetzung für die Erfüllung der Funktion.
Die Gesundheitsgebote hatten jedoch Auswirkungen für die Familien. Zu dieser Zeit herrschte oft noch Unkenntnis über hygienische Fragen oder man war Hygiene gegenüber gleichgültig eingestellt, weil die Menschen durch den Lebenskampf überfordert waren. Auch wurden Krankheiten nur selten oder sehr spät erkannt. Durch die Gesundheitsgebote wurde Hygiene zum ersten Mal zu einem Thema der Öffentlichkeit.
 
 

Mittwoch, 7. Mai 2014

Kohlberg

Moralische und demokratische Erziehung im Anschluss an das Konzept von Lawrence Kohlberg

Kohlbergs Stufenmodell
Lawrence Kohlberg hat die moralische Entwicklung des Kindes in einem Stufenmodell dargestellt, welches die Erziehung in sechs Stufen und drei Ebenen unterteilt.


Die Just Community Schule

Die Ziele:
Die „Just Community“ Schule ist eine gerechte und demokratische Gemeinschaft, wie der Name schon verrät und basiert auf Kohlbergs Stufenmodell.
Der begriff „Gerechtigkeit“ orientiert sich an den Interessen aller Beteiligten.
Kohlberg entwickelte zahlreiche Dilemma-Diskussionen, weshalb der Schulleiter einer JC- Schule mit seinen Schülern auch reale Probleme des Schulalltags erörtern will. Dies ist die Begründung der „Just Community“. Sie ist ein alternatives Konzept einer Schule mit demokratischer Verfassung und umfassender moralischer Schulkultur.
Die grundsätzlichen Ziele der Community ist die Schaffung und Anwendung von gerechtfertigten Regeln und die Stimulation der moralischen Urteilskompetenz. Außerdem soll die Übereinstimmung zwischen moralischem Urteil und moralischem Handeln aufrechterhalten werden. Deswegen wird die moralische Empathie trainiert und das prosoziale Engagement gefördert. Die Schüler sollen eine solides Wertesystem entwickeln, welches auf Toleranz und Offenheit basiert.

Die Realisierung:
Der Kernpunkt der JC-Schule ist die Gemeinschaftsversammlung oder Vollversammlung aller Schulangehörigen. Die Themen dieser Sitzungen sind die Fragen des des Schullebens im Hinblick auf die Themengebiete, bei denen Entscheidungen zu treffen sind. Dabei gilt das Prinzip, dass ein Mensch eine Stimme hat, somit herrscht Gleichberechtigung. Das bedeutet, dass allen Beteiligten Mitentscheidungs- und Selbstbestimmungskompetenzen eingeräumt werden. Für jede Sitzung muss ein Zeitraster gefunden werden. Die Sitzung ist aber keine Freizeitveranstaltung, sondern findet in der Unterrichtszeit statt. Eine gewählte Vorbereitungsgruppe plant und leitet die Sitzung.
Des Weiteren gibt es einen Fairness- und Vermittlungsausschuss, der Konflikte zwischen Personen schlichtet und nach einem Kompromiss sucht. Dieser Ausschuss ist dafür verantwortlich, dass die Beschlüsse der Verhandlungen nicht vergessen werden, wenn diese noch nicht ausgeführt werden können oder weitere Behandlungen erfordern.
Um die Gemeinschaftssitzungen vorzubereiten werden Dilemma-Diskussionen geführt. Diese brauchen Zeit und sollten möglichst echte Dilemma, moralische Probleme, Antworten und Fragen berücksichtigen. Die Diskussionen werden durch spezielle Kurse oder in Schulfächer in der Schulalltag integriert.
Die Einrichtung einer JC-Schule braucht eine besondere Begleitung bzw. Fortbildung des Lehrerkollegiums. Die Lehrer müssen das Modell kennen, verstehen und mittragen, da die Entwicklung eines demokratischen Schullebens und einer moralischen Schulkultur Anforderungen an die Lehrkräfte stellt. Sie müssen ihre Rolle neu definieren und ertragen, dass auch ihr eigenes moralisches Ich in Frage gestellt wird.

Rahmenbedingungen für eine demokratische Schulkultur:

Kompetenzen:
Für eine gelingende Entwicklung von Moral und demokratischer Orientierung müssen die Schüler kommunikative, soziale, demokratische und Medienkompetenzen ausbilden.
Die Lehrkräfte sollen den Dialog mit den Schülern suchen und Teile ihrer Kontrolle abgeben. Ihre Aufgabe ist es mit Verständnis auf die Kinder zu reagieren und sich auf sie einzulassen. Außerdem sollen sie kindgerechte Methodennutzen und von Unterschieden zwischen den Kindern ausgehen.
Die Schüler wiederum müssen die Kompetenzen erlernen. Dies soll durch ein entdeckendes, selbstverantwortliches, forschendes und offenes Lernen geschehen.

Elemente einer demokratischen Schulgemeinschaft


Das Modell stößt bei Schulen mit über 250 Personen an seine Grenzen, was bedeuten, dass die Mitkommunikation aller nicht mehr gewährleistet ist. Als Lösung kann eine Tei-“Just-Community“ dienen, bei denen die halbe Schule, einzelne Jahrgänge der mehrere Jahrgänge Versammlungen haben.

Verantwortungsübernahme
Das bedeutet Rechenschaft über die Folgen der eigenen Handlung abzulegen, was die Voraussetzung für moralisches und soziales Handeln ist. Zunächst erlernen die Schüler eine fundamentale Sozialkompetenz, die die elementare Ressource der Demokratie darstellt. Die Schule muss Gelegenheit bieten, Verantwortung für sich selbst und andere zu übernehmen, was Kinder durch Ämter in ihrer Schule oder im Alltag machen. Dies soll durch die starke Engagementkultur einer JC-Schule gefördert werden, die zum Beispiel „Service-Learning-Projekte“ anbietet. Diese beruhen auf außerschulischen sozialen Projekten und bauen dadurch eine Brücke zwischen Schule und Gesellschaft, wodurch die sozialen, moralischen und demokratischen Kompetenzen gestärkt werden.
Durch die Übernahme von Verantwortung wird die Kommunikations- und Kritikfähigkeit der Kinder verstärkt und die Fähigkeit Interessengegensätze auszugleichen gefördert. Weiterhin lernen sie Konflikte zu moderieren und zu lösen.
Für die Schüler heißt Verantwortungsübernahme das Kennenlernen von neuen Rollen und Perspektiven, sowie das Erlernen von umsichtigem Handeln. Für Pädagogen bedeutet es, Verantwortung vertrauensvoll zu delegieren und für die Lernbegleiter, den Schülern zur Selbstwirksamkeits Erfahrung zu verhelfen.

Schulklima und Schulkultur
Die Schulkultur bedeutet, dass Schule eine Lebensumfeld ist, was von den Lehrern und Schülern untereinander und mit der Zusammenarbeit von Eltern und Partnern gestaltet wird.
Die grundlegenden psychologischen Bedürfnisse eines Menschen sind:
  • Wertschätzung und Zusammengehörigkeit
  • Autonomie und Selbstbestimmung
  • Kompetenz und das Gefühl vorankommen zu können
  • emotionale und körperliche Sicherheit
Menschen binden sich an Institutionen und Menschen, die diese Bedürfnisse befriedigen.
Eine befriedigende Schule ist demnach eine, bei der:
  1. alle Beziehungen zwischen den Mitgliedern wertschätzend und unterstützend sind
  2. Ziele und Ideale gemeinsam entwickelt werden
  3. sich alle an der Umsetzung von Zielen und Strategien aktiv beteiligen
  4. die Möglichkeit zur regelmäßigen Hilfe und Zusammenarbeit besteht
  5. alle die Möglichkeit haben eigenständig und beeinflussend zu handeln
  6. die ganze Schule Anteil nimmt
Eine befriedigende Schule hat also eine hohe soziale und emotionale Kompetenz und leistungsbereite und aufopfernde Schüler. Dadurch gibt es weniger problematisches Verhalten und einen starken Gemeinschaftssinn.
Die sechs Hauptdimensionen des Schulklimas sind:
  1. individuelle Merkmale der Lehrer und des Lehrerverhaltens sowie des Unterrichts
    (Geschlecht, Alter, Erfahrung, Engagement, etc.)
  2. individuelle Merkmale der Schüler und der Schülerschaft
  3. Merkmale der Schule als Institution
    (Lage, Größe, Leitungsstil, etc.)
  4. Merkmale der Interaktion und des Verhältnisses zwischen den Schülern und den Lehrern
    (Disziplin, Vertrautheit, etc.)
  5. Merkmale der Interaktion und des Verhältnisses zwischen den Schülern untereinander
    (Konkurrenz, Disziplin, etc.)
  6. Merkmale der Interaktion und des Verhältnisses zwischen den Lehrern untereinander
    (Respekt, Kooperation, etc.)

Kritische Würdigung
Das Modell von Kohlberg ist beinahe allgemeingültig. Es gibt keine inhaltliche Vorgabe von moralisch richtig und falsch. Die „Moralität“ wird stufenweise erlernt und zeigt Aufgaben für pädagogisches Handeln.
Es berücksichtigt jedoch nicht, dass moralisches Handeln nicht nur monologisch und kognitivistisch orientiert ist, sondern auch von Motivationen, Emotionen und sozialen Einstellungen beeinflusst wird. Weiterhin unterschätzt Kohlberg die moralischen Fähigkeiten der Kinder massiv. Die Grundansätze für moralisches Denken und Handeln sind von vornherein da. Außerdem kann auch nicht grundsätzlich angenommen werden, dass Kinder sich in den ersten Lebensjahren ihren Eltern aus Angst vor Strafe unterwerfen, die Eltern sind lediglich „legitime Autoritäten“. Auch bedeutet ein niedriges Bildungsniveau nicht, dass Menschen weniger moralisch handeln. Es muss außerdem angezweifelt werden, ob sich Moralität tatsächlich linear und stufenweise entwickelt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Kohlbergs Modell wichtige Möglichkeiten zur Orientierung bietet. Er erklärt jedoch nicht hinreichend, welche Voraussetzungen oder Möglichkeiten für die moralische Entwicklung des Menschen wichtig und notwendig sind. Auch kann sein Modell die Komplexität der Prozesse und die zahlreichen Einflüsse nicht erfassen.

Gewalt - Jugend

Pädagogische Handlungsmöglichkeiten bei Gewalt auf der Grundlage unterschiedlicher Ansätze zu ihrer Erklärung

Unterschiedliche Theorien in einem Satz zusammengefasst

Udo Rauchfleisch
Gewalt, Aggression oder Dissozialität sind Folgen von defizitären Lebenserfahrungen (in der frühen Kindheit), sodass ein Mensch die Funktion seines Ich nicht sinnvoll ausbilden kann. Es entstehen narzisstische Störungen im Über-Ich, etc.

Wilhelm Heitmeyer
Gewalt ist ein Versuch der Kompensation von sozialer Desintegration und persönlicher Perspektivlosigkeit in einer „Marktgesellschaft“, in der sich Menschen nicht nur als ungleich, sondern auch als ungleichwertig ansehen müssen.

John Dollard
Aggression ist immer eine Folge von Frustration.

Hans-Joachim Kornardt
Es gibt ein überdauerndes psychisches Motivsystem der Aggression und es gibt das überdauernde Motiv, Aggressionen und die Erwartungen negativer Konsequenzen zu vermeiden: zu einer aggressiven Handlung kommt es, wenn das Aggressionsmotiv stark und das Hemmungsmotiv schwach ist.

Konrad Lorenz
Aggression ist Ausdruck eines spontanen und inneren Aggressionstriebes, der ein primär Art erhaltender ist, aber vernichtende Wirkungen entfalten kann (gerade unter Menschen).

Sigmund Freud
  1. Aggression als Folge von Unlusterfahrungen
  2. Aggression ist Folge eines, aus dem Inneren kommenden, menschlichen Destruktionstriebes

Albert Bandura
Aggression entsteht durch die Nachahmung aggressiver Vorbilder, die aggressives Verhalten als positiv erleben und überdies Belohnung erfahren.

John Paul Scott
Aggression ist das Resultat unterschiedlicher Einflüsse, die über mehrere Ebenen hinweg Einfluss aufeinander nehmen.

Götz Eisenberg
Aggression ist Folge von Erfahrungen sozialer und emotionaler „Kälte“ und mangelndem Erleben von „konturierten“ Persönlichkeiten.

Ferdinand Sutterlüty
Aggression ist ein Weg der Kompensation von Ohnmachtsgefühlen und des Erlebenkönnens von Macht und Stärke.

Wilhelm Heitmeyer
Heitmeyer setzt sich mit der Jugendgewalt aus der soziologischen Perspektive auseinander. Er fragt nach den Ursachen und Motiven für Gewaltorientierungen unter Jugendlichen innerhalb einer gesellschaftlichen Problemschicht.
Dabei stellt er sich die Frage, welche Jugendlichen unter welchen spezifischen sozialen Lebensbedingungen Gewaltorientierungen ausbilden.

Gesamtgesellschaftliche Änderungen
Die heutige Struktur hat sich nach Heitmeyer von einer Marktwirtschaft in eine Marktgesellschaft verwandelt. Sie bietet den Menschen immer mehr Konsummöglichkeiten, Mobilität und Flexibilität. Aus diesem Grund löst sich der Mensch von seinen traditionellen Orientierungen und Denkweisen. Stattdessen bringt die neue Struktur auch neue Anforderungen mit sich und fördert die Konkurrenz zwischen den Menschen, an Stelle der Solidarität.
Außerdem verwischt die Differenz zwischen Ungleichheit und Ungleichwertigkeit in dieser Gesellschaft immer mehr.
Ungleichheit bedeutet, dass die Gesellschaft unterschiedliche soziale Schichten ausgebildet hat, die den Auf- oder Abstieg fördern.
Die Ungleichwertigkeit hingegen dient als Rechtfertigung für die Ungleichheit.
Um auf diese Phänomene zu reagieren, sind mehrere gesellschaftliche Reaktionsformen möglich:
  • die Rücknahme sozialstaatlicher Maßnahmen
  • die Erneuerung von Moral und Erziehung, Empfehlung neuer Bindungen und die Durchsetzung neuer Bildungskonzepte
  • die Politik wird ethnisiert
Durch die Rechtfertigung von Ungleichheit mit Ungleichwertigkeit entsteht ein Konflikt, da derartige Einordnung eher die Ausgrenzung innerhalb der sozialen Schichten und über ihre Grenzen hinaus fördert, anstatt das Zusammenleben. Die Folge davon ist, dass Menschen anfangen sich gegenseitig zu entwerten und sich auch dementsprechend zu Verhalten.

Auswirkungen für das Individuum
Durch die Veränderungen der Gesellschaft ergeben sich für das Individuum mehr Entscheidungsfreiheiten, aber auch mehr Entscheidungszwänge. Es entsteht ein Konflikt zwischen Individualisierung und Entindividualisierung. Die Menschen werden immer individueller und wollen das auch zeigen, müssen sich gleichzeitig aber auch als ersetzbar erleben oder müssen Anforderungen erfüllen, die sie nicht beeinflussen können. Diese neue Situation hat die Konsequenz das die Menschen ihren eigenen „Wert“ nach sozialer Lage und Bildungsabschluss erfahren. Somit wird zum Beispiel der berufliche Abstieg auch als persönlicher Abstieg wahrgenommen. Die Menschen haben mit der Angst um den Statusverlust zu kämpfen.
Weiterhin werden sie gleichzeitig auch zu mehr Anpassung gezwungen. Die Folgen davon sind Hilflosigkeit und Verunsicherungen in Lebensbedingungen. Dem Individuum ist dabei kein Umwenden mehr möglich. Stattdessen folgt ein resignativ-passiver Rückzug oder ausgrenzend, aggressives und eventuell auch gewalttätiges Verhalten.
Alle diese Veränderungen erfordern eine individuelle Bewältigung.

Ursachen für Gewalt und gewalttätiges Verhalten
Grundsätzlich ist die Bewältigung der veränderten Lebenssituation und gesellschaftlichen Struktur möglich. Wichtig ist aber, dass das Individuum nicht nur durch einseitige Erfahrungen geprägt wird, sondern das ein Wechselverhältnis zwischen den Einstellungen zur Gewalt besteht. Diese Formen nämlich die Haltungen und das Verhalten des Individuums und damit auch seine Einstellung zu Gewalt.
Identitätsprobleme können auftreten, wenn das Individuum unter Druck steht, die Erwartungen und Anforderungen des Jugendlichen zu erfüllen und dabei dann aber keine Rückendeckung und Unterstützung aus seinem Umfeld hat. Ihm fehlen sichere Beziehungen und die Familienkonstellation ist geprägt von Gleichgültigkeit, einer widersprüchlichen Erziehung oder wenig gemeinsamer Zeit durch die Berufstätigkeit der Eltern. Weiterhin kann es sein, dass der Jugendliche nur Beachtung erfährt, wenn er Gewalt ausübt oder wenn ihm gegenüber Gewalt ausgeübt wird.
Durch den Einfluss der Sozialmilieus haben die Jugendlichen außerdem ungleiche Chancen für:
  1. die individuell-funktionale Systemintegration
    der Zugang zum Arbeitsmarkt
  2. die kommunikativ-interaktive Sozialintegration
    die politische Partizipation
  3. die kulturell-expressive Sozialintegration
    der sozial-emotionale Rückhalt


Daraus schließt Heitmeyer, dass das Verhalten von Menschen niemals monokausal erklärt werden kann.
Eine hohe Gefahr zur Gewalttätigkeit besteht allerdings, wenn
  • das Individuum keine Arbeit und keine soziale Anerkennung erfährt und deswegen individuelle Desintergration erlebt
  • das Individuum Integrationsprobleme hat und ihm der Zugang zur Bildung fehlt, weswegen es ein zurückgezogenes Leben in seiner sozialen Schicht führt
  • das Individuum durch Integrationsprobleme von der Mehrheit ausgeschlossen wird und deshalb ein Gefühl der Desintegration, der fehlenden Anerkennung und der Ausgrenzung erlebt

Entstehung von Gewaltbereitschaft
Heitmeyer sagt, dass Gewaltbereitschaft vor allem durch gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit entsteht.
Menschen können Gewalt ausüben, um ihre Überlegenheit zu demonstrieren. Sie attackieren Menschen, die sie als „minderwertiger“ empfinden, damit ihnen ihre eigene scheinbare „Minderwertigkeit“ ertragbarer erscheint.
Außerdem können Menschen unterschiedlich zu Gewalt eingestellt sein. Zum Einen kann Gewalt ein Bestandteil des Lebens gesehen werden. Es ist aber auch möglich, dass das Individuum Gewalt (sowohl staatlich als auch privat) akzeptiert
oder eine grundsätzliche Gewaltbereitschaft zeigt. Zum Anderen kann der Mensch aber auch selbst gewalttätiges Verhalten zeigen.
Das eigentliche Ausüben von Gewalt kann dann durch das Individuum auf unterschiedliche Weise legitimiert werden. Grundsätzlich kann man Gewalt als ein Mittel zur Selbstdurchsetzung sehen.
Gewalt kann damit gerechtfertigt werden, dass sie als „Gegengewalt“ fungiert, oder dem Individuum als letzten Ausweg gedient hat. Weiterhin kann Gewalt als Ordnungsfaktor gesehen werden. Es ist aber auch möglich, dass das Individuum Gewalt als „normales“ Handlungsmuster oder als Mittel zur Klärung und Vollstreckung rechtfertigen will.
Durch die innerlich ausgebildete gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sinken die Hemmungen des Individuums Gewalt zu zeigen. Erlebt es Gewalt „positiv“ wird Gewalt zu einem Bestandteil der Selbsterfahrung.
Ist dies der Fall, so lernt der Jugendliche, dass Gewalt für Eindeutigkeit sorgt. Es ist ihm so möglich, die eigene Ohnmacht oder Unterlegenheit zu überwinden. Der Jugendliche kann sich als selbst wirksam erfahren und erlebt in Gruppen auch Solidarität. In gewisser Weise stellt Gewalt auch eine körperlich-sinnliche Erfahrung dar, die den Jugendlichen in seiner Selbsterfahrung fördert.
Wird Gewalt schließlich realisiert kann dies:
  • expressiv
    um die eigene Einzigartigkeit zu zeigen
  • instrumentell
    um ein Problem zu lösen
  • regressiv
    um Desintegration aufzuheben
  • autoaggressiv
    um einen Ausweg zu finden
geschehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass (nach Heitmeyer) Gewalt in bestimmten Sozialmilieus attraktiv wird, nach dem der Mensch bestimmte Lebenserfahrungen gemacht hat und Gewalt als Mittel nutzt die eigene Wertigkeit zu zeigen und sich Anerkennung zu verschaffen.


Udo Rauchfleisch
Rauchfleisch fragt nach den Ursachen für Gewalt aus der psychologischen Sicht. Er geht davon aus, dass viele Menschen straffällig werden, die in der frühen Kindheit oder später schwere Verlust- und Mangelerfahrungen gemacht haben. Die Folgen davon sind für ihn innerpsychische Traumatisierungen und psychische „Verletzungen“, die das Ich geschädigt haben.

Merkmale/Charakteristika
Rauchfleisch nennt neun Charakteristika für die Neigung zu gewalttätigem Verhalten.
  1. Frustrationsintoleranz
    Menschen, die durch kleine Belastungen zu unverhältnismäßig großen Reaktionen neigen, müssen einen innerseelischen Kampf austragen. Ihre Fluch aus diesem Dilemma ist die Aktivität (→ Gewalt).
  2. Umgang mit der Realität
    Wenn Menschen nur eine mangelnde Fähigkeit der realitätsgetreuen Selbsteinschätzung haben, dann entstehen Schwierigkeiten beim Differenzieren von innen und außen. Die Jugendlichen haben Störungen im Gefühl für die Realität und und nur eine eingeschränkte Fähigkeit zur Realitätsprüfung, was Rauchfleisch den „Wirklichkeitssinn“ nennt.
  3. Kontaktstörungen
    Menschen, die keine tiefen Beziehungen haben, sich aber danach sehnen.
  4. Depressivität
    Menschen fühlen sich hilflos und haben ein geringes Selbstwertgefühl.
  5. Über-ICh-Pathologie
    Menschen, die dazu neigen soziale Nomen zu missachten, stehen unter großem Einfluss des ES.
  6. (spezifische) Abwehrmechanismen
    Menschen reagieren mit Verleugnung, Abspaltung und Projektion auf unliebsames Verhalten oder Erfahrungen.
  7. Fehlentwicklungen im Bereich von Sexualität und Aggressivität
    Das Individuum neigt dazu Ich-Funktionen zu sexualisieren bzw. mit Aggressionen zu laden, was die Wahrnehmung und das Denken stark beeinflusst.
  8. Desintegration
    Ein Mensch, der kaum „normale“ Integration erlebt, hat ein ambivalentes Selbsterleben und zeigt widersprüchliches Verhalten.
  9. Chronizität der Störung
    Hat der Mensch sich erst einmal Verhalten angeeignet, handelt er nach festgeschriebenen Mustern.

Ursachen
Die Ursachen für Gewalt und gewalttätiges Verhalten sieht Rauchfleisch in den Erfahrungen aus der frühen Kindheit. Haben die Jugendlichen in dieser Phase schwere Verlust- und Mangelerfahrungen gemacht, haben sie ein Gefühl der existentiellen Bedrohung entwickelt. Durch die Schwere und Dauer der traumatisierenden Situationen in einem lebensgeschichtlichen Zeitraum wird auch über die Gewaltbereitschaft entschieden.
Auch familiäre Probleme und Auffälligkeiten können Auswirkungen haben. Eltern geben die antisozialen Tendenzen an ihre Kinder weiter und durch Streit kann das Kind zum Objekt des Kampfes werden. In derartigen Familienkonstellationen gibt es keinen Austausch über Probleme (Okkupation) und nur „Pseudodialoge“ ohne starke Vertrauensbindung. Auch das Fehlen einer Vaterfigur kann zu Misstrauen oder geringem positiven Einfluss führen.
Es steht ein oral-aggressiver Kernkonflikt einem Sehnsucht-Angst Dilemma gegenüber.
Durch die beeinträchtigte Steuerung der Gefühle entwickelt das Individuum eine „verzerrte“ Wahrnehmung und setzt sich wenig mit der äußeren Realität auseinander. Das Individuum ist kaum dazu in der Lage die eigenen Gefühle zu regulieren und kann seine eigenen Impulse nur schwer kontrollieren. Weiterhin entsteht eine Neigung dazu, die Mitmenschen zu idealisieren und zu entwerten. Die Ursache dafür ist in den Mangelerfahrungen der oralen Phase zu suchen.
Ein weiterer Grund für aggressives Verhalten kann eine narzisstische Störung sein. Das Individuum hat Gefühle der eigenen Ohnmacht und Selbstentwertung oder aber grandiose und irreale Vorstellungen der eigenen Möglichkeiten. Es versucht dann durch Manipulation die eigene Macht und Größe durchzusetzen. Außerdem ist es empfindlich für Kränkungen und ihm fehlt es an Sozialkompetenzen, was wiederum das Risiko für Kränkungen erhöht. Es ist ebenfalls möglich, dass der Jugendliche Schwierigkeiten beim Aufbau sozialer Beziehungen hat.

Behandlung und Therapie
Da bei Rauchfleisch psychische und soziale Probleme zusammenkommen, wird eine bifokale Behandlung benötigt. Das bedeutet, dass der Jugendliche sowohl soziale, als auch therapeutische Hilfe bekommen muss.
Die Aufgabe für ihn ist es, die Widerstände anzuerkennen und diese zu bearbeiten. Er muss sich Differenzierungen bewusst machen und eigenständig Wertungen und Urteile entwickeln. Dadurch wird die Mündigkeit gefördert.
Das Konzept der Salutogenese und Pathogenese drückt aus, dass der Jugendliche sich auf die Suche nach intakten Persönlichkeitsdimensionen machen muss, um seine konstruktiven Kräfte und Ressourcen zu finden.
Außerdem werden die psychischen Situationen und alltäglichen sozialen Probleme des Jugendlichen behandelt. Die sozialen Probleme sind dabei die Ursache der psychischen Probleme, weshalb eine beidseitige Therapie erforderlich ist. Dabei werden auch Kindheitserinnerungen miteinbezogen.
Die Interventionsschritte umfassen dann zunächst die Konfrontation, bei der sich der Jugendliche die Problematik bewusst machen muss. Dann wird diese geklärt, indem das Problem klar dargestellt wird. Anschließend folgt die Deutung, bei der der Sinn, die Quelle, die Vorgeschichte und die Ursache für die Gewalt gedeutet werden. Die Frage dabei ist jedoch, ob der Jugendliche die Deutungsangebote annimmt. Abschließend werden die Probleme durchgearbeitet, indem der Jugendliche sich mit seinen Widerständen auseinander setzt und schließlich eine Verhaltensänderung bewirkt.
Zusätzlich ist Arbeit am Über-Ich notwendig. Da dem Jugendlichen soziale Normen fehlen, bietet der Therapeut ein „mildes“ Über-Ich an, um eine neue Ausbildung des Über-Ichs zu fördern.
Leidet der Jugendliche an einer narzisstischen Störungen wird diese durch eine langsame Konfrontation mit der Realität langsam abgebaut. Die Schwierigkeit dabei ist jedoch, dass der Patient extrem verletzlich ist und die Beziehung zu seinem Therapeuten braucht, andererseits aber auch versuchen kann den Therapeuten zu verunsichern und zu verführen.

Strategien zur Gewaltprävention bei Hans-Peter Nolting
Um Gewaltbereitschaft vorzubeugen hat Noltig verschiedene Theorien aufgestellt.
  • die Ventiltheorie
    Dieses Konzept beschreibt das frühe und regelmäßige Abreagieren aggressiver Impulse. Dadurch wird ein Status der Aggressivität vermieden und stattdessen eine Reinigung im Affekt bzw. ein Sich-Freimachen bewirkt. Möglichkeiten dazu bieten zum Beispiel Toberäume oder Box-Ags.
    Der Grund dafür, dass dieses Prinzip funktionieren kann, ist, dass eine Abreaktion zu einem besseren Gefühl führt. Dadurch wird die gereizte Stimmung (zumindest kurz) gemildert, aber weder der Ärger noch das ungelöste Problem bewältigt.
  • Anreger verändern
    Eine weitere Möglichkeit der Gewaltprävention ist, die Aggression fördernden Faktoren zu vermindern und positive Anreger zu verstärken. Das bedeutet, dass Einengungen, Stressoren, Entbehrungen, Provokationen, Herabsetzungen und aggressive Modelle, Symbole und Instrumente vermindert werden und stattdessen die positiven Anreger vermehrt werden. So kann durch Anreizverlagerungen eine alternatives Verhalten gefördert werden.
  • Anreger anders bewerten
    Das bedeutet, dass die Ursachen für das aggressive Verhalten abgeschwächt werden sollen. Deswegen soll sozial orientiertes Verhalten gelernt und gezeigt werden. Dies beinhaltet das Einfühlen in andere Menschen und die Vorsicht bei Schuldzuweisungen. Außerdem soll die Skepsis gegenüber aggressiven Modellen und Signalen gefördert werden und verdeutlicht werden, dass Provokationen und Störungen auch entschärft bewertet werden können. Weiterhin wird die Relativierung eigener Ziele und Werte vermittelt.
  • Aggressionshemmungen fördern
    Der Jugendliche soll Hemmungen aufbauen, indem er die Nachteile nachempfindet und einsieht. Dies geschieht durch Leid-induzierte Hemmungen und der Angst vor Bestrafung und negativen Folgen. So sollen sich moralische Hemmung bzw. eine Werthaltung entwickeln. Der Jugendliche soll einsehen, dass Gewalt am Ende für ihn mehr Nachteile als Vorteile bringt.
  • Alternatives Verhalten lernen
    Der Jugendliche soll lernen statt Gewalt andere Aktivitäten zu wählen. Die Entdramatisierung einer Situation soll durch Selbstbeeinflussung und Entspannung gefördert werden. Der Jugendliche soll außerdem üben sich in andere einzufühlen und sich gegen Provokationen zu immunisieren. Weiterhin soll alternatives Verhalten durch klassische und kognitive Verhaltensmodifikationen, sowie partnerzentrierte Gesprächsführung gefördert werden.